Mürren

Mon Amour

Der Blog zwischen Höhenluft,

Herz und Haltung.

Mürren Mon Amour ist mehr als ein Blog. Es ist eine Liebeserklärung. An den Ort. An das Leben in der Höhe. An Gedanken mit Tiefgang. Hier treffen Höhenluft und Haltung aufeinander, Herz und Horizont. Zwischen Bergnebel und Klarheit entstehen Texte über das, was bewegt – innen wie aussen. Über Mürren als Idee, als Zwischenort, als Möglichkeit. Für alle, die mehr suchen als Aussicht: Einsicht.

Mürren Daniel Frei Mürren Daniel Frei

Je vis au Paradis

Ein Satz wie ein Bergbach: klar, einfach, wahr. Gesagt von Päsci, mehr als Koch der alten Metgerei, während er mit ruhigen Händen und einem warmen Lächeln den Dampf aus den Kochtöpfen steigen lässt. «Je vis au Paradis», sagt er – und meint damit nicht irgendeine Idee vom Himmel, Glauben, Religion, sondern Mürren, hier und jetzt. Ein Platz, der nicht mehr braucht, weil er schon mehr als genug ist. Über Genügsamkeit, stille Fülle und das wahre Glück, das sich nicht steigern lässt.

Ein Satz wie ein Bergbach: klar, einfach, wahr. Gesagt von Päsci, mehr als Koch der alten Metgerei, während er mit ruhigen Händen und einem warmen Lächeln den Dampf aus den Kochtöpfen steigen lässt. «Je vis au Paradis», sagt er – und meint damit nicht irgendeine Idee vom Himmel, Glauben, Religion, sondern Mürren, hier und jetzt. Ein Platz, der nicht mehr braucht, weil er schon mehr als genug ist. Über Genügsamkeit, stille Fülle und das wahre Glück, das sich nicht steigern lässt.

Es ist ein Paradox: Je weniger es hier gibt, desto mehr scheint da zu sein. Die Fülle im Wenigen. Keine Läden mit Hochglanz und Überfluss, keine Designerlabels, keine Ampeln, keine Autos, keine Eile, kein Lärm. Und es fehlt nichts. Man schaut aus dem Fenster, sieht den Eiger, den Mönch, den Schwarzmönch, die Jungfrau, das Lauterbrunnental im ersten Licht, hört das Krähen der Tächi, das Singen der Amseln und die Spatzen, wie sie sich auf den Tag freuen, riecht die Frische des Morgendunsts – und spürt: Das reicht. Mürren ist kein Ort, der sich inszeniert. Mürren ist.

Päsci steht in der alten Metgerei, wo vorbereitet, gekocht, gebrüht, geschnitten und eingegossen wird. Kein grosses Restaurant, kleines Menü. Und die Gäste gehen glücklich und satt vom Gefühl, verwöhnt zu sein. Vielleicht liegt es an der Schlichtheit. Vielleicht an der Güte. Vielleicht daran, dass Päsci, während er das Essen zubereitet, sagt: «Je vis au Paradis.» Er meint es. Als ganz einfache Tatsache. Er lebt im Paradies. Punkt.

Man sagt, Glück sei die Abwesenheit von Bedürftigkeit. Wenn nichts fehlt, hört das Begehren auf. Wenn man nicht nach mehr verlangt, beginnt das Leben zu leuchten. Genau das geschieht hier. Mürren verführt nicht – es entzieht sich. Darin liegt sein Zauber. Es gibt keinen Grund, etwas dazu zu erfinden. Keine Notwendigkeit für ein neues Spa, kein Verlangen nach einer schicken Rooftop-Bar und wummernden Bässen im durchschwitzen Techno-Tunnel. Nicht einmal nach mehr Sonne im Oktober oder November.

Schnell, gierig? Mürren ist radikal im Widerstand. Hier regiert die Stille, das Kleine, das Echte, das Langsame. Der Luxus ist nicht golden, sondern blau, gelb, grün, grau und weiss – Schneedecken im Januar – Wiesen im Juli. Nebel immer wieder. Das Blau des Himmeldachs. Das Gelb von Blüten, Sonne, Mond und Sterne. Und durchsichtig – wie das Quellwasser im Glas. Vielleicht erkennt man erst hier, was Fülle wirklich ist: Nicht das, was sich anhäuft, sondern das, was genügt. Stille als Luxus.

«Je vis au Paradis» – ein Satz der einlädt. Still. Unaufdringlich. Kein Lockruf, keine Werbung. Eine Mitteilung, fast schon ein Gebet. Komm, wenn du willst. Und wenn du bleibst, dann merkst du es: Es braucht nicht mehr. Mürren hat alles, was man vergessen hatte zu suchen und gehofft hat zu finden. Oder befürchtet.

Und vielleicht liegt darin die grösste Erkenntnis: Nicht wir haben Mürren zu verbessern. Mürren verbessert uns. Indem es uns zeigt, wie wenig es braucht, um zu sagen – und zu meinen: Je vis au Paradis.

 
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