Mürren

Mon Amour

Der Blog zwischen Höhenluft,

Herz und Haltung.

Mürren Mon Amour ist mehr als ein Blog. Es ist eine Liebeserklärung. An den Ort. An das Leben in der Höhe. An Gedanken mit Tiefgang. Hier treffen Höhenluft und Haltung aufeinander, Herz und Horizont. Zwischen Bergnebel und Klarheit entstehen Texte über das, was bewegt – innen wie aussen. Über Mürren als Idee, als Zwischenort, als Möglichkeit. Für alle, die mehr suchen als Aussicht: Einsicht.

Transit Daniel Frei Transit Daniel Frei

Heimweh.

Menschen haben ein Zuhause. Andere haben mehrere. Oder keines. Zwischen diesen Zuständen spannt sich ein stilles Drama, das wir «Heimweh» nennen. Was ist dieses Heimweh wirklich? Warum schleicht es sich manchmal ein, obwohl man längst dort ist, wo man hingehört?

Menschen haben ein Zuhause. Andere haben mehrere. Oder keines. Zwischen diesen Zuständen spannt sich ein stilles Drama, das wir «Heimweh» nennen. Was ist dieses Heimweh wirklich? Warum schleicht es sich manchmal ein, obwohl man längst dort ist, wo man hingehört?

Heimweg und Heimweh. Die Verwirrung der Heimaten. Heimat: ein widersprüchliches Wort. Es riecht nach frisch gebackenem Brot, Kontrolle und Sauberkeit. Nach Geborgenheit und Enge. Für manche ist Heimat der Ort, an dem sie sprechen dürfen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Für andere ist es der Ort, an dem sie endlich nicht mehr müssen.

Ich kenne Menschen, die bekommen Heimweh nach Städten, in denen sie nie gelebt haben. Nach Gerüchen, die sie nur einmal flüchtig eingeatmet haben. Nach Menschen, die längst weitergezogen sind. Vielleicht ist Heimweh gar kein Ruf nach einem Ort, sondern nach einem Zustand: angekommen zu sein und bleiben zu dürfen.

Der Heimweg als Metapher. Heimweh beginnt, wenn der Heimweg unklar wird. Früher war das einfach: Wegweiser, Kirchturm, Licht im Fenster. Heute scrollen wir durch digitale Landschaften, suchen in Pixeln nach Nähe. Vielleicht ist das neue Heimweh gar kein Verlust mehr, sondern eine Suche nach Koordinaten in einem übervollen Kosmos. Der Heimweg ist kein geografischer, sondern ein existenzieller. Jeder Schritt auf ihm ist eine Entscheidung: Wohin gehe ich zurück und wovon gehe ich fort?

Mehrere Zuhause und keines. Menschen wie Nomaden. Nicht mehr, um zu überleben, sondern um zu spüren. Ein Zuhause im Laptop, eines im Herzen, eines im Kopf. Und manchmal keines, weil man sich zwischen allen verliert. Die moderne Tragödie? Wir haben so viele Heimaten, dass wir keine mehr ganz bewohnen. Ein Geschenk? Wer sich an mehreren Orten zu Hause fühlt, weiss, dass Heimat nicht Besitz ist, sondern Beziehung. Zwischen Mensch und Ort, Zeit und Erinnerung, Geruch und Gefühl.

Vielleicht ist Heimweh einfach das emotionale Jetlag der Seele: Sie ist noch nicht dort angekommen, wo wir schon längst sind. Und während wir noch in Gedanken aufbrechen, steht sie am Bahnhof, winkt und ruft: «Du vergisst dein Herz.»

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Transit Daniel Frei Transit Daniel Frei

Ich wollte eigentlich immer ans Meer.

Ein leiser Text über Sehnsucht, Stillstand und das Bleiben. Über das Meer als Metapher für Ferne und den Berg als Schule der Nähe. Über das Wollen, das nie endet, und die Erkenntnis, dass vielleicht nicht der Horizont fehlt, sondern der Blick nach innen.

Ein leiser Text über Sehnsucht, Stillstand und das Bleiben. Über das Meer als Metapher für Ferne und den Berg als Schule der Nähe. Über das Wollen, das nie endet, und die Erkenntnis, dass vielleicht nicht der Horizont fehlt, sondern der Blick nach innen.

Ich wollte eigentlich immer ans Meer. Nicht wegen des Salzes auf der Haut oder der warmen Brise in den Haaren. Nicht wegen der Liegestühle, der Palmen, der Instagramversprechen.

Wegen des Blicks. Wegen der Weite. Wegen der Möglichkeit, den Horizont zu sehen, ohne dafür steigen zu müssen. Denn am Berg muss man steigen.

Tritt für Tritt. Schritt für Schritt. Schweiss, Mühe, Atem. Die Aussicht gibt es nicht umsonst. Am Meer, so dachte ich, steht man einfach da. Und sieht. Als wäre die Erkenntnis ein Geschenk, das sich jedem darbietet, der bereit ist, stillzustehen.

Ich wollte eigentlich immer ans Meer. Und ich ging nicht. Nicht damals, nicht später, nicht letzte Woche. Ich blieb. Hier. Zwischen Verpflichtung und Geborgenheit. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Zwischen Mürren und Mehr.

Warum? Weil Sehnsucht schöner ist als Erfüllung? Weil das Bild in meinem Kopf wärmer ist als jede Sonne? Weil die Vorstellung vom Meer mehr ist als das Meer selbst.

Vielleicht, weil mich etwas hält. Nicht fesselt, aber hält. Die Ordnung der Tage. Die Regelmässigkeit der Dinge. Die stille Melodie der Gewohnheit.

Vielleicht, weil ich Angst habe. Dass das Meer nichts sagt. Dass der Horizont leer bleibt. Dass ich dort stehe, und nichts finde, als mich selbst.

Ich wollte eigentlich immer ans Meer. Aber vielleicht wollte ich nie ankommen. Vielleicht wollte ich nur wollen. Denn im Wollen liegt Bewegung. Im Wollen liegt Zukunft. Im Wollen liegt ein Versprechen, das nicht gebrochen werden kann.

Ich wollte. Ich könnte. Ich sollte. Ich möchte. Ich darf. Ich muss. Ich tue? Nicht immer. Nicht sofort. Aber manchmal. Und manchmal reicht das.

Vielleicht ist das Meer in mir. Vielleicht sehe ich weiter, wenn ich still werde. Vielleicht braucht es keinen Aufbruch, sondern ein Aufwachen.

Ich wollte eigentlich immer ans Meer. Und heute sah ich eine Möwe über dem Grat. Sie flog nicht fort. Sie kreiste. Still. Und frei.

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Ahi gah, uehi cho: Vom Weggehen und Heimkehren, von Mürren aus betrachtet.

Manche Orte haben eine Seele. Mürren ist einer davon. Wer hier lebt, lebt zwischen Himmel und Erde, zwischen Abgrund und Geborgenheit. Wer hinuntergeht, ahi gaht, lässt nicht einfach nur einen Ort zurück, sondern eine Welt. Und wer wieder heraufkommt, uehi chunt, kehrt nicht nur heim, sondern zurück zu sich selbst. Ein Text über das Gehen und Kommen, über das Tal da unten und die Höhe hier oben. Über das Leben zwischen zwei Bewegungen: Abschied und Ankunft.

Manche Orte haben eine Seele. Mürren ist einer davon. Wer hier lebt, lebt zwischen Himmel und Erde, zwischen Abgrund und Geborgenheit. Wer hinuntergeht, ahi gaht, lässt nicht einfach nur einen Ort zurück, sondern eine Welt. Und wer wieder heraufkommt, uehi chunt, kehrt nicht nur heim, sondern zurück zu sich selbst. Ein Text über das Gehen und Kommen, über das Tal da unten und die Höhe hier oben. Über das Leben zwischen zwei Bewegungen: Abschied und Ankunft.

Es gibt viel mehr. Aber zwei der grundlegendsten Bewegungen im Leben eines Mürrners mögen «ahi gah» und «uehi cho» sein. Und zwischen diesen beiden liegt das ganze Drama der Welt. Ahi gah, das ist nicht bloss ein Weg nach unten. Es ist ein Schnitt. Ein Loslassen. Ein Sich-Abwenden, von der Scholle, vom Licht, von der Stille, von der Ruhe und Heimat. Wer Mürren verlässt, auch nur für einen Tag, der weiss: Dort unten, im Tal, beginnt die andere Welt. Die Welt der Strassen, der Hast, der Dinge, die man tun muss. Die Seilbahnen werden zur Trennlinie. Zwischen dem, was zählt und dem, was nur Lärm ist.

Ich gehe immer wieder ahi. Mit meinem Rucksack, Absicht und Plan, einem Grund. Und jedes Mal fühlt es sich an wie ein kleiner Verrat. Als würde ich etwas im Stich lassen. Nicht weil ich ging. Sondern weil ich weg war. Denn oben ist nicht einfach ein Ort. Es ist ein Zustand. Eine Verfasstheit. Eine Art, sich selbst zu hören. Und jedes Mal, wenn ich uehi komme, wenn ich zurückkomme, dann nicht nur mein Körper. Es kommt mein Herz. Mein Atem. Mein Blick. Meine Inspiration. Mein Rhythmus. Uehi cho ist kein Ankommen im klassischen Sinn. Es ist ein Wiederfinden.

Wer aus dem Tal zurückkehrt, sieht Mürren immer neu. Die Berge wie Wächter. Die Luft wie gereinigt. Der Weg zur eigenen Türe, ein heiliger Pfad. Ich kenne Menschen, die kaum ahi gange sind. Die nie wahrgenommen haben, wie Mürren aussieht, wenn man von unten heraufschaut, mit Sehnsucht in der Brust und einem Koffer in der Hand. Und ich kenne Menschen, die nur ahi gange sind und nie uehi cho. Sie wohnen hier, ja. Aber sie kehren nie wirklich zurück. Weil sie nicht losgelassen haben, dort unten, im Dunst der Städte. Es braucht Mut, zu gehen. Und es braucht Liebe, zurückzukehren.

Manchmal frage ich mich, ob es nicht diese beiden Bewegungen sind, die das Leben ausmachen. Ahi gah, weil wir uns hinauswagen müssen in die Welt. Und uehi cho, weil wir eine Heimat brauchen, die uns wieder aufnimmt. Mürren ist so eine Heimat. Eine der Heimaten. Eine, die nicht klammert. Aber wartet. Geduldig. Still. Mit Schnee auf den Dächern oder Sonne auf den Wiesen. Ich gehe oft ahi. Und jedes Mal verliere und verzehere ich mich ein bisschen. Aber ich bin auch immer wieder uehi cho. Und jedes Mal habe ich mich ein bisschen mehr gefunden. Auch wenn es Jahrzente gedauert hat, andauert.

Willkommen daheim. Willkommen in Mürren. Willkommen bei dir.

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Inseln in der Zeit

Auf den Azoren, mitten im Atlantik, beginnt ein Gedanke, der über das Meer hinweg nach Mürren führt. Zwei Orte, soweit voneinander entfernt wie nur möglich und doch verbunden durch dasselbe leise Gefühl: Abwesenheit. Nicht Flucht, sondern Präsenz. Nicht Rückzug, sondern Begegnung. Was geschieht mit uns, wenn wir Orte betreten, die uns nichts abverlangen, ausser Dasein? Ein Text über Topografien der Stille, das Verschwinden im Guten und über eine Insel, die mehr ist als ein Ort: Mürren.

Auf den Azoren, mitten im Atlantik, beginnt ein Gedanke, der über das Meer hinweg nach Mürren führt. Zwei Orte, so weit voneinander entfernt wie nur möglich und doch verbunden durch dasselbe leise Gefühl: Abwesenheit. Nicht Flucht, sondern Präsenz. Nicht Rückzug, sondern Begegnung. Was geschieht mit uns, wenn wir Orte betreten, die uns nichts abverlangen, ausser Dasein? Ein Text über Topografien der Stille, das Verschwinden im Guten und über eine Insel, die mehr ist als ein Ort: Mürren.

Auf den Azoren. Mitten im Atlantik, nirgendwo zwischen Europa und Amerika, zwischen gestern und übermorgen. Vulkanisch, feucht, üppig und in einer anderen Zeitrechnung. Nicht bloss wegen der Zeitzone. Und ich denke an Mürren. Auch eine Insel. Keine geografische, eine seelische. Eine Insel im Gebirge, im Nebel, im Schnee. Abgeschnitten, nicht von Kontinenten, von der Zeit. Zwei Orte. Zwei Inseln. Zwei verschiedene Enden der Welt. Und doch das Gleiche: das Gefühl, angekommen zu sein und gleichzeitig verschwunden. Nicht dasselbe.

Mürren ist keine Insel im Ozean. Aber eine Insel im System. Kaum ein Auto fährt hier, kein Strassenlärm, keine Ampeln, kein Kreisverkehr, keine Hektik. Nur Bahnen und Stille. Die Azoren hingegen: Inseln im wortwörtlichen Sinn, aber nicht minder System-fern. Der Atlantik hält alles draussen, was zu laut, zu schnell, zu wichtig ist. Beide haben etwas Archaisches. Etwas, das aus der Zeit gefallen scheint. Man vergisst sein Handy. Man vergisst seine Mails. Man vergisst sich selbst. Findet sich.

Inseln sind keine Flucht, sie sind Konfrontation. Sie zwingen dich, da zu sein. Nicht nur körperlich, sondern seelisch. Du kannst nicht ausweichen. Nicht in den nächsten Zug, nicht ins nächste Meeting, nicht in die nächste Ablenkung. Die Berge von Mürren schauen dich an, ohne Urteil. Die Winde der Azoren umarmen dich ohne Absicht. Beide sagen: Sei. Nicht mehr. Nicht weniger.

Auf Inseln lernt man, dass Präsenz keine Leistung ist. Sie ist ein Zustand. Die Wellen kommen, ohne gefragt zu werden. Die Wolken ziehen ohne Plan. Die Natur ordnet sich nicht nach KPI oder OKR. Und dennoch geschieht alles. In einem Takt, den wir verlernt haben. Vielleicht sind Inseln deshalb so heilsam: weil sie uns nicht therapieren. Weil sie uns nicht verbessern. Sondern weil sie einfach sind – und damit erinnern, dass auch wir einfach sein dürfen.

Ich schreibe dies auf den Azoren. Aber ich schreibe auch über Mürren. Weil Mürren genau das tut, was die Azoren tun: Es nimmt dir den Lärm. Es nimmt dir die Ablenkung. Es nimmt dir das «zu viel». Und gibt dir das «genug». Ein Dorf als Insel. Eine Terrasse im Himmel. Eine Einladung, zu verschwinden, um wieder zu erscheinen. Vielleicht ist das die wahre Bedeutung. Nicht nur ein Ort. Nicht nur ein Projekt. Sondern ein Zustand. Eine Insel in dir.

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