Mürren

Mon Amour

Der Blog zwischen Höhenluft,

Herz und Haltung.

Mürren Mon Amour ist mehr als ein Blog. Es ist eine Liebeserklärung. An den Ort. An das Leben in der Höhe. An Gedanken mit Tiefgang. Hier treffen Höhenluft und Haltung aufeinander, Herz und Horizont. Zwischen Bergnebel und Klarheit entstehen Texte über das, was bewegt – innen wie aussen. Über Mürren als Idee, als Zwischenort, als Möglichkeit. Für alle, die mehr suchen als Aussicht: Einsicht.

Mürren Daniel Frei Mürren Daniel Frei

Zoo vor der Wirklichkeit

Es gibt Orte, an denen die Zivilisation endet. Nicht geografisch, aber seelisch. Orte, an denen die Welt eine andere Haut trägt. Solch ein Ort ist Mürren, ein letzter Aussenposten vor der Wildnis.

Es gibt Orte, an denen die Zivilisation endet. Nicht geografisch, aber seelisch. Orte, an denen die Welt eine andere Haut trägt. Solch ein Ort ist Mürren, ein letzter Aussenposten vor der Wildnis.

Mürren liegt auf einer Kante und dahinter beginnt die Wildnis. Nicht bloss die alpine. Sondern eine andere Ordnung, ein anderes Gesetz. Eines ohne Mitleid. Ohne Mitgefühl. Ohne Heizung. Ohne WLAN. Ohne Rücksicht.

Hier oben, wo der Berg höher spricht als der Mensch, wirkt Mürren wie ein letztes Aufbäumen der Zähmung. Ein Zoo vor der anderen Wirklichkeit. Ein sorgfältig gehegter Ort, gezähmt durch Wege, Brüstungen, Wegweiser und das Summen der Gondelbahn und das Rauschen der Bäche im Tal. Die Natur ist gerahmt, beschriftet, romantisiert. Sie ist Motiv. Sie ist Kulisse. Sie ist Verkaufsargument.

Aber sie ist nicht nett. Denn dort hinten, gleich hinter der Silhouette der letzten Hütte, wo der Pfad aufhört und der Stein beginnt, da beginnt sie: die ungeschönte Welt. Sie frisst keine Granola-Power-Riegel. Sie verhandelt nicht. Sie ist. Und sie fragt nicht, ob du bereit bist.

Mürren aber fragt. Es bietet Wärme. Holz. Ordnung. Etwas Hausgemachtes mit Preiselbeeren. Es ist der letzte Aussenposten einer Zivilisation, die sich selbst erzählt, dass alles gut ist und besser wird. Die Hand ausstreckt zum Himmel, während hinter ihr der Abgrund gähnt. Es ist ein Versuch, die Unbarmherzigkeit der Welt zu umarmen – mit Lärchenholz und Skigeschichte.

Und doch: Genau das ist seine Kraft. Mürren ist nicht ein Zoo im herabwürdigenden Sinn, sondern ein Schutzraum. Ein Ort, an dem wir beobachten können, sehen und mit jeder Faser spüren, wie bedrohlich nah das Andere liegt. Wie schmal der Grat ist zwischen Sicherheit und Entblössung. Mürren erinnert daran, dass Wildnis nicht dort beginnt, wo die Karte aufhört, sondern dort, wo wir aufhören zu kontrollieren.

Wer hier lebt, verweilt, ist, weiss das tief drinnen: Das Donnern im Berg ist keine romantische Melodie. Dass der Nebel, der plötzlich aufzieht, nicht bloss ein Effektfilter für Instagram ist. Sondern dass es jederzeit kippen kann.

Mürren ist eine Schwelle. Eine Pforte zwischen dem Behüteten und dem Unerbittlichen. Es hält die Zivilisation mit weichen Händen zurück, während es in den Fels hinausblickt, auf ihm sitzend. Es ist eine Einladung, zu verweilen. Und eine Mahnung, nicht zu vergessen. Die Wildnis fragt nicht, ob du zahlst. Aber, ob du bestehst.

Und Mürren? Mürren ist der letzte Ort, an dem du das leise verstehen kannst, bevor dich das Echo verschluckt.

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