Mürren

Mon Amour

Der Blog zwischen Höhenluft,

Herz und Haltung.

Mürren Mon Amour ist mehr als ein Blog. Es ist eine Liebeserklärung. An den Ort. An das Leben in der Höhe. An Gedanken mit Tiefgang. Hier treffen Höhenluft und Haltung aufeinander, Herz und Horizont. Zwischen Bergnebel und Klarheit entstehen Texte über das, was bewegt. Innen wie aussen. Über Mürren als Idee, als Zwischenort, als Möglichkeit. Für alle, die mehr suchen als Aussicht: Einsicht.

Mürren Daniel Frei Mürren Daniel Frei

Wandel und Veränderung.

Hier oben wandelt das Wetter. Es zieht, es reisst auf, es fällt nieder. Wolken kommen, Wolken gehen. Die Sonne taucht durch ein Loch im Nebel, als hätte sie vergessen, dass sie noch da ist. Schnee bedeckt über Nacht, was am Vortag noch Sommer war. Und ein warmer Föhn haucht im Januar Leben in die Balkone, auf denen sonst das Holz knarzt vor Kälte. Wandel ist in Mürren kein Ereignis, Wandel ist der Normalzustand.

Hier oben wandelt das Wetter. Es zieht, es reisst auf, es fällt nieder. Wolken kommen, Wolken gehen. Die Sonne taucht durch ein Loch im Nebel, als hätte sie vergessen, dass sie noch da ist. Schnee bedeckt über Nacht, was am Vortag noch Sommer war. Und ein warmer Föhn haucht im Januar Leben in die Balkone, auf denen sonst das Holz knarzt vor Kälte. Wandel ist in Mürren kein Ereignis, Wandel ist der Normalzustand.

Wandel und Veränderung. Fotografie: Daniel Frei

Manche nennen es Wetter. Andere einen Spiegel. Was dort draussen zieht, geschieht auch in uns. Ein Wolkenbruch kann einen Gedanken freischwemmen. Eine klare Fernsicht die Seele weiten. Ein plötzlicher Schneefall eine alte Erinnerung zudecken. Veränderung ist sichtbar, messbar, fassbar. Sie zeigt sich im Bauplan, im neuen Haus, im Ladenschild, das plötzlich englisch ist. Wandel hingegen ist stiller. Er vollzieht sich im Tonfall. In dem, was nicht mehr gesagt wird. Oder in dem, was jetzt gesagt wird. Wandel ist nicht gleich Veränderung. Veränderung kann eine Bewegung ohne Richtung sein. Wandel hingegen hat Tiefe. Er hat etwas Inneres.

Man sagt oft, dass Orte sich verändern, wenn Menschen kommen. Aber vielleicht ist es umgekehrt. Vielleicht sind es die Orte, die uns verwandeln. Mürren ist kein Ort, den man schnell versteht. Mürren ist langsam. Es zeigt sich nicht beim ersten Blick. Nicht beim dritten Besuch. Es macht sich rar. Wer bleibt, der beginnt, sich selbst neu zu sehen. Wer oben lebt, lebt näher an den Kräften. Dem Licht. Dem Wetter. Der Stille. Mürren entblösst. Es nimmt das Überflüssige, das Schrille, das Lautgedachte. Es lässt übrig, was echt ist.

Veränderung passiert. Wandel verlangt etwas von uns. Geduld. Mut. Und manchmal ein Loslassen. Wir kommen hierher, um uns zu erholen. Und plötzlich sind wir mittendrin in etwas, das wir nicht geplant haben. Eine andere Wahrnehmung. Eine neue Frage. Ein alter Schmerz, der sich löst. Ein neuer Gedanke, der keimt. Und während wir noch überlegen, ob das Wetter morgen schön wird, hat der Berg längst beschlossen: Jetzt ist Wind. Und dann wieder Ruhe.

Ja, Mürren verändert sich. Es kommen neue Häuser, neue Namen, neue Sprachen. Aber was sich nicht verändert, ist das, was bleibt. Der Geruch nach Stein und Holz. Das Leuchten der Berge im Abendlicht. Die Art, wie der Nebel sich von unten ins Dorf schiebt, wie eine Erinnerung, die man nicht eingeladen hat und die doch willkommen ist.

Wandel ist die Einladung, nicht stehenzubleiben. Veränderung ist der Beweis, dass wir es nicht können. Aber Mürren, Mürren ist der Ort, der uns lehrt, dabei zu sein. Nicht festzuhalten. Nicht zu fliehen. Sondern zu stehen. Mit Blick ins Lauterbrunnental. Mit Sonne im Gesicht und Regen auf der Stirn. Hier oben ist Wandel nicht das Gegenteil von Beständigkeit. Er ist ihre Bedingung.

Für Mürren, das mich wandelt, ohne mich zu verändern.

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Transit Daniel Frei Transit Daniel Frei

Aggregatzustände der Stille: Wenn es auf Bali regnet und in Mürren schneit.

Auf Bali beginnt die Regenzeit. In Mürren beginnt der Winter. Dort fällt Wasser in Tropfen, hier in Flocken. Beides dasselbe Element, in unterschiedlichen Aggregatzuständen, verschiedenen Temperaturen, verschiedenen Geschichten. Regen und Schnee sind keine Gegensätze, sondern zwei Weisen, wie die Welt sich verwandelt.

Auf Bali beginnt die Regenzeit. In Mürren beginnt der Winter. Dort fällt Wasser in Tropfen, hier in Flocken. Beides dasselbe Element, in unterschiedlichen Aggregatzuständen, verschiedenen Temperaturen, verschiedenen Geschichten. Regen und Schnee sind keine Gegensätze, sondern zwei Weisen, wie die Welt sich verwandelt.

Die Erde kennt keine Gegensätze, aber Übergänge. Während in den Tropen der Himmel aufbricht, um die Insel zu tränken, zieht sich in den Alpen die Feuchtigkeit zusammen, kristallisiert, legt sich still auf Dächer und Tannen. Regen fällt mit Geräusch, Schnee mit Schweigen. Das eine weckt, das andere deckt zu. Und beide erzählen dasselbe: Es ist Zeit für Wandel. Der Mensch erlebt Jahreszeiten als Abfolge, doch sie sind zugleich. Irgendwo auf der Welt regnet es immer, schneit es immer, trocknet es immer aus. Unser Bewusstsein trennt, was das Wasser längst verbindet.

Wasser fliesst, verdunstet, gefriert, fällt zurück. Es widersteht nicht, sondern wandelt sich. Kein anderes Element lehrt so viel über Anpassung, Formlosigkeit, Akzeptanz. Es sucht nie den kürzesten Weg, sondern den möglichen. Es fragt nicht, woher es kommt oder wohin es geht. Es folgt der Schwerkraft, der Sonne, dem Wind. Und kehrt am Ende immer zu sich selbst zurück.

So betrachtet, ist Wasser die stille Schule des Lebens. Es kennt keinen Stillstand, keine endgültige Form. Es löst auf, was starr ist, und formt, was offen bleibt. In dieser Bewegung liegt Weisheit: Stabilität ist nur eine Illusion. Dauer entsteht durch Zirkulation.

Das Klima prägt nicht nur Landschaften, auch Bewusstseinsformen. Regenzeit: Überfluss, Wachstum, Geruch nach Erde. Winterzeit: Verdichtung, Rückzug, das Erleben von Grenzen. Beide Zyklen erfüllen denselben Zweck: Erneuerung. Wo es zu lange trocken bleibt, brennt die Erde aus. Wo es zu lange gefroren bleibt, stirbt sie ab. Der Rhythmus zwischen Regen und Schnee, Ausdehnung und Ruhe, Überfluss und Askese, ist der natürliche Pulsschlag des Lebens. Vielleicht wird der Mensch krank, wenn er diesen Rhythmus verliert.

In vielen Kulturen ist Wasser das heiligste aller Elemente. Die spirituelle Dimension des Wassers. Auf Bali wird es gesegnet, gesammelt, gereicht. In den Alpen wird es gestaut, kanalisiert, gespeichert. Dort ein Ritual der Hingabe, hier eines der Kontrolle. Doch das Element selbst bleibt unbeeindruckt. Es fliesst durch beide Systeme hindurch und trägt Erinnerung: von Wolken, Meeren, Körpern, Zeiten. Ist die Heiligkeit nichts anderes als die Anerkennung dieser Verbindung, das Wissen, dass kein Tropfen je verloren geht?

Das Wasser, das einst in den Reisterrassen Balis floss, liegt nun als Schnee auf den Hängen des Schwarzmönchs. Die Zeit trennt, das Element verbindet.

Auch der Mensch kennt seine Wasserformen. Der Mensch und seine Aggregatzustände. Er kann gefroren sein, starr, zurückgezogen, unberührbar. Er kann flüssig sein, beweglich, offen, verbunden. Er kann verdunsten, sich verflüchtigen, entziehen, in den Himmel aufsteigen. Und manchmal kehrt er als Regen zurück. Gereinigt, verändert, bereit, neu zu fliessen. Diese inneren Zustände wechseln mit den Lebenszeiten, mit den Erfahrungen, mit der Temperatur der Welt um uns. Ist Reife nichts anderes, als das bewusste Erkennen dieser Wechsel, und das Vertrauen, dass sie notwendig sind?

Etwa siebzig Prozent des menschlichen Körpers bestehen aus Wasser. Dasselbe Verhältnis gilt für den Planeten. Wasser im Körper, Wasser in der Welt. Wir sind keine Bewohner der Erde, sondern ein Teil ihres Ozeans, in menschlicher Form. Wenn das Wasser verdunstet, verdunstet ein Teil von uns. Wenn es regnet, kehren wir zurück. Das Wasser, das wir trinken, war vielleicht Teil eines Gletschers, eines Sturms, eines Körpers, einer Wolke. Es trägt Erinnerung, nicht als Information, sondern als Schwingung. Jede Zelle wiederholt, was der Planet vormacht: Kreislauf, nicht Fortschritt.

Der Schnee fällt, um die Welt stillzulegen. Der Regen fällt, um sie zu erwecken. Das Schweigen des Schnees, das Lied des Regens. Zwischen beidem liegt kein Widerspruch, sondern eine Symphonie. Wer zuhört, erkennt: Es ist dieselbe Melodie, nur in unterschiedlichen Tonarten. Die Erde braucht beides: den Klang und die Stille, das Loslassen und das Sammeln. Der Mensch ebenso.

In der Tropenwärme wie im alpinen Frost spricht das Wasser dieselbe Sprache: die der Bewegung. Sie sagt uns, dass Leben kein Zustand ist, sondern ein Umlauf. Liegt die Weisheit des Wassers darin, dass es sich nie verteidigt?

Es bleibt, indem es vergeht. Es verändert, indem es sich hingibt. Es ist die sanfteste Form von Stärke und die dauerhafteste. Wasser kennt keine Grenzen. Nur Zustände.

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